Unsere Wildblumenwiese im 2ten Jahr

Ein Lebensraum wie es ihn nur noch selten gibt

Ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern, die Fahrrad-Ausflüge mit meinen Eltern - zwischen Feldern die noch einen richtigen Feldrain hatten, Lerchen die in der flimmernden Hitze hoch über uns sangen, Feldhasen die über Freiflächen zischten und Wiesen die so bunt waren, dass es eine Freunde war sie anzusehen und es ihn ihnen summte und brummte.

All das findet man heut kaum noch.

 

Viele von uns möchten etwas in dieser Richtung tun und eine Wildblumenwiese anlegen, haben aber eine etwas "falsche" Vorstellung davon, wie eine solche Anlage - gut geplant - später aussieht.

 

Einige glauben - einfach wachsen lassen und schon habe ich ein -zwei Jahre später Wildblumen in meiner Wiese. So einfach ist das leider nicht, denn Brennessel, Ampfer, Gräser und Brombeeren werden sich rasant ansiedeln und kaum etwas anderes hochkommen lassen. Einmal Fuß gefasst bekommt man sie kaum mehr in den Griff. Das ist also schon einmal kein guter Weg.

 

Vielleicht die Fläche ein paar Mal im Jahr mähen?

Wäre zumindest schön praktisch.

Allerdings wächst dann sehr schnell flächig fast ausschließlich Löwenzahn.

Zugegeben - auch ich mag solche Wiesen und ein Teil unserer Ostwiese sieht im Frühjahr ähnlich aus. Aber es ist eine Monokultur.

Löwenzahn ist ein Überlebenskünstler. Er siedelt gerne auf solch gemähten Flächen, nutzt aber auch jede ander Lücke ganz gleich welcher Boden dort ist. Also auch nicht der Weisheit letzter Schluss.

 Viele die etwas für Insekten im Garten tun möchten haben soetwas wie das Bild links im Kopf.
Schon mal ein guter Ansatz. Allerdings gehören in eine Wildblumenwiese um die es sich ja hier dreht, immer auch Gräser.
Ich finde aber in kleinen Gärten eine Ecke mit einer ausschließlichen Blumenmischung schön, denn auch hier finden zahlreiche Insekten Nahrung.

Hat man, wie wir, eine größere Fläche zur Verfügung lohnt es sich unbedingt eine Wildblumenwiese anzulegen.

Das Bild Rechts zeigt unsere Wiese im zweiten Jahr.

 

Viele Wildblumen und verschiedenste Gräser haben sich nach dem ersten Jahr schon angesiedelt.

Es ist für mich eine Freude jeden Morgen dort entlang zu schlendern und zu entdecken welche Blüten neu aufblühen.

Unzählige Käfer, Insekten, und Amphibien - allen voran hunderte kleiner Grasfrösche sind dort anzutreffen.

In einem der Streifen haben wir einen Totholzhaufen angelegt.


Wie wir die Wiese angelegt haben

Das erste Jahr

 

März 2022
Die Vorbereitung

 

Wir haben im Frühjahr die Wiese angelegt da es zeitlich nicht anders gepasst hat. Besser ist es dies Ende August zu tun.
Da unsere jetzige Streuobstwiese ehemals sehr verwahrlost war und die Grasnarbe entsprechend dick, haben wir einen Kleinbagger gemietet und erst einmal das Gras auf der Fläche entfernt welches wir als Wildwiesenanteil einsäen wollten.

 

Die Grasnarbe abzufahren war sehr viel Arbeit. Es waren Unmengen an schweren, großen Grassoden.

Aber nach vielen Tagen Arbeit war auch das geschafft.

Unsere jetzige Obstwiese hat sehr verschiedene Böden - von einer sehr feuchten Ecke über humosen bis zu schwerem, lehmigen Boden. Also haben wir die zukünftige Wildwiesen-Fläche erst einmal mit einer guten Schicht Sand abgemagert.


Unser Tipp 1

Da nicht zu unterschätzen ist wieviel Sand auch auf eine kleinere Fläche passt macht es Sinn sich nach einem Baustoffhandel in der Nähe umzuschauen. Dort kann man Sand in vielen Körnungen lose kaufen und in beliebiger Menge selbst abholen oder sich liefern lassen. Das spart sehr viel Geld.


Bei einer großen Fläche wie der unseren stellt sich schnell die Frage - wo bekommen wir Saatgut her?

 

Baumärkte schieden für uns aus, da dort lediglich Tüten mit Blumenmischungen zu bekommen sind.

Es sollte aber eine Wiesenmischung sein.

 

Fündig wurden wir bei * Saatgut Rieger-Hofmann.
Es gibt online eine Regionalkarte. Wir liegen mit unserem Gelände im westdeutschen Tiefland und kauften entsprechend heimisches Saatgut welches im Nordwest-Deutschen Tiefland angebaut und geerntet wird. Das Sinnvolle daran - ausschließlich Saatgut welches an die klimatischen Gegebenheiten angepasst ist wird eingesät. So ist es sichergestellt, dass die Pflanzen sich auf Dauer ansiedeln.

 

Die Aussaat

 

Das Saatgut haben wir in einer Schubkarre mit Sand im Verhältnis von etwa 1:10 gemischt. Das erleichtert die Aussaat ungemein. Anschließen haben wir das Gemisch flächig auf die vorbereitete Fläche ausgebracht.

Auf kleineren Flächen sollte man das Saatgut anwalzen oder -treten, damit es guten Bodenkontakt bekommt. Wir haben das nicht gemacht sondern stattdessen mit einem feinen Sprühnebel gut gewässert. Das hat ebensogut geklappt. Wichtig ist in den ersten Wochen das regelmäßige Wässern.


Unser Tipp 2

Unbedingt die eingesäte Fläche mit einem dichten Gemüsenetz schützen. Das Netz so auf Steine oder Stöcke drapieren das etwas Abstand zwischen Netz und Boden ist.

Vögel sind schlau und freuen sich sonst über einen reich gedeckten Tisch und fressen einen großen Teil des Saatgutes weg.


Pflege im ersten Standjahr (2022)

Die Wiese hat sich bei uns schon im ersten Jahr sehr gut entwickelt. Aufgrund des trockenen Wetters haben wir erst im Spätherbst das erste Mal gemäht.
Das Schnittgut blieb für ein paar Tage liegen und wurde dabei regelmäßig gedreht. So konnte sich das reife Saatgut auf der Fläche verteilen.

Nach etwa einer Woche haben wir alles Schnittgut sorgfältig abgeräumt. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben auf einer Wildfläche damit sich kein Humus bildet, denn Wildblumen wachsen am Besten auf mageren Böden.

Zusätzlich haben wir die Flächen nach dem entfernen des Schnittgutes nochmals dünn gesandet.


Unser Tipp 3

Die Mahd, also das Abmähen - gerade im Spätherbst ist wirklich nichts für Allergiker.
Man steht im wahrsten Sinne des Wortes in einer Staubwolke aus Gräsersamen.

Auch als Nichtallergiker unbedingt eine Atemschutzmaske und Haut bedeckende Kleidung anziehen!


Pflege im zweiten Standjahr (2023)

Spannend war in diesem Jahr - was hat sich angesiedelt?
Zu unserer Freude ist eine unglaubliche Pflanzen-Vielfalt aufgegangen und tut es noch. Allerdings wird Sie sich mit der Zeit verändern, doch das ist normal. Die Pflanzen passen sich dem Standort an. Einige Arten werden sich durch aussamen stärker ausbreiten und vermehren, andere dafür verschwinden und andere Neue hinzukommen. Zusätzlich zu den ausgesäten Blumen und Gräsern pflanze ich heimische Wildblumen in die Fläche, die bis jetzt noch nicht in der Wiese stehen, wie etwa Fingerhut. Sie können dort aussamen und so kann ich die Vielfalt zusätzlich etwas steuern.


In unserer Gegend haben in diesem Jahr sehr viel Ampfer und zu meinem Leidwesen auch Riesenbärenklau in Mengen. Diese reduzieren wir von Hand, denn gerade Ampfer samt sehr stark aus. Bei Bärenklau ist wegen der Verbrennungsgefahr auf der Haut Vorsicht geboten. Beide Pflanzen versuchen wir stets samt Wurzel zu entfernen und entsorgen sie im Biomüll. Das ist wichtig, denn der Samen reift auch an den ausgemachten, abgestorbenen Pflanzen nach.

 

Die Mahd

 

Gemäht wird bei uns in Etappen.
Es gilt: mähst du einmal im Jahr hast du mehr Insekten, mähst du zwei Mal im Jahr hast du mehr Blumen. Abräumen solltest du das Mähgut stets bei beiden Varianten .

Wir mähen also immer wechselseitig die Streifen ein- und zwei Mal und zwar in den Monaten Anfang bis Ende Juli und im Oktober. Bei der Sommer-Mahd kannst du dich an den Wiesenmargariten orientieren. Blühen sie ist es Zeit für die erste Mahd im Jahr.

 

Du siehst, eine Wildblumenwiese macht einmal viel Arbeit - bei der Anlage. Danach hält sich die Arbeit in Grenzen. Und eine gut Angelegte Wildwiese bleibt ewig.

 

Also, mach doch mit und lege eine kleine Fläche an....

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Mechthilde H. (Montag, 06 Januar 2025 18:31)

    Schöner Beitrag zur Wildblumenwiese - aaaber....
    Es ist seit einigen Jahren voll im Trend, Wildblumenwiesen anzulegen. Das ist ehrenwert, aber der Frust ist m. E. vorprogrammiert. Ich habe bislang von nicht einer angelegten Wildblumenwiese gehört, die tatsächlich „funktionierte“.
    Ich berichte aus der Praxis mehrerer Kleingartenanlagen in Dortmund, die guten Willens waren und viele Arbeitsstunden und Geld ins Projekt gesteckt haben. In den ersten 2-3 Jahren war die Wiese so bunt, wie man sie sich vorgestellt hatte. Dann aber begann der Wandel. Die Pflanzenzusammensetzung änderte sich immer mehr in Richtung des ursprünglicher Aufwuchses wie Gräser, Ampfer und Co. Man begann mit dem Jäten, weil man ja die „bunte Wiese“ behalten wollte. Irgendwann wurde das natürlich zu arbeitsintensiv, so dass die Flächen aufgegeben und umgestaltet wurden.
    Das Scheitern ist logisch. Man kann nicht gegen die Natur arbeiten. Das aber mache ich, wenn ich eine Magerwiese auf eigentlich fettem Untergrund anlege. Der vorhandene Boden ist über Jahre/ Jahrzehnte entstanden, er steht in einem Bezug zu seiner Umwelt. Wenn ich 10 cm Boden abmagere, kann das nur begrenzt funktionieren. Nachhaltiger ist es, den Untergrund zu beobachten, zu analysieren und angepasste Arten gezielt anzupflanzen. Die setzen sich dann auch durch. Bei uns heißt das, dass sich auf wechselfeuchtem Lehmboden eine wunderschöne Hochstaudenflur aus Mädesüss, Baldrian, Engelwurz und Blutweiderich entwickelt. Ist zwar anders als die fotogene Wiese, aber auch wild und schön. - Aber ich werde hier verfolgen, wie sich eure Wiese entwickelt. Vielleicht klappt es ja bei euch. Wünsche viel Glück!